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"When Monsters Roar and Angels Sing" - ein Abend über das Romantische im Heavy Metal
Heavy Metal – entweder man liebt ihn oder man verlässt kopfschüttelnd sowohl über die Musik als auch die Texte den Raum, sobald er erklingt. Ein Dazwischen – so eine der Thesen Hartmut Rosas – gibt es bei dieser Musikrichtung nicht. Hartmut Rosa selbst ist Heavy-Metal-Fan – und Soziologe. Kombiniert hat er beide Interessen in seinem neuesten Buch „When Monsters Roar and Angels Sing. Eine kleine Soziologie des Heavy Metal“, das er am 19. Oktober im Jenaer Trafo vorgestellt hat. Im Dialog mit dem Tübinger Professor für Neuere Englische Literatur Christoph Reinfandt entfaltete er eine seiner weiteren Thesen, die auf den ersten Blick sehr überraschend wirkt: „Heavy Metal ist in fast jeder Hinsicht ein ,Kind‘ der Romantik, er lebt vom ,Modell Romantik‘, das heißt von den um 1800 geformten Kulturmustern, Praktiken und Ausdrucksformen, ohne freilich darin zu erstarren.“ (S. 140)
Als Merkmale benennt Rosa den Hang des Heavy Metal zu Teufeln, Geistern und Dämonen, Dunkelheit, Krankheit und Tod, die ihre Ursprung in der Romantik, insbesondere in der „Schwarzen Romantik“ eines E.T.A. Hoffmanns oder Samuel Taylor Coleridge haben. Zugleich wurzele die „unbedingte Ernsthaftigkeit“ der Texte in der romantischen Ironie, die es ermögliche, etwas gleichzeitig ernst und nicht ernst zu meinen.
Doch nicht nur in den Themen der Texte, sondern auch in der Musik, den Verzerrungen und Bässen, dem Kreischen oder auch Growlen der Sänger sieht er den Versuch, die „,stumme‘, verdinglichte Form der Weltbeziehung“ (S. 138) moderner Menschen aufzubrechen, ähnlich wie es die Romantiker 200 Jahre zuvor mit der „Wiederverzauberung“ der Welt durch ein neues Kunst- und Wirklichkeitsverständnis versucht hatten.
Mit dem abschließenden Musikbeispiel „Heaven and Hell“ von Black Sabbath, von Kritikern zu einem der besten Lieder des Genres erklärt, konnten die Zuhörer:innen vor Ort über diese Thesen nachdenken. Es verließ dabei niemand kopfschüttelnd den Raum.