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Bericht zur Exkursion "Rhein-Romantik"
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
Daß ich so traurig bin;
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Heinrich Heine
Weniger auf den Spuren eines Märchens als auf jenen einer vergangenen, doch nach wie vor aktuellen Romantik bewegten wir uns für vier Tage am Rhein entlang durch das UNESCO Welterbe „Oberes Mittelrheintal“ – ähnlich der Rheinreise der Freunde Achim von Arnim und Clemens Brentano 1802.
Ausgangspunkt unserer Suche nach der Rhein-Romantik war das Brentano-Haus in Oestrich-Winkel, durch dessen Räume uns der Leiter Prof. Dr. Wolfgang Bunzel vom Freien Deutschen Hochstift (Frankfurt am Main) führte. Die Zeit um 1800 mit der Familie Brentano, Bettine von Arnim und nicht zuletzt Johann Wolfgang von Goethe stand dabei im Fokus. In der anschließenden Gesprächsrunde mit Prof. Bunzel beschäftigten wir uns mit der Stilisierung des Rheins zum romantischen Ort sowie mit dem aufkommende Tourismus jener Epoche – auch befeuert durch Bettine von Arnims Goethes Briefwechsel mit einem Kinde. Oft unerwähnt, doch von uns nicht vergessen und deshalb besucht: Das Grabmal Karoline von Günderrodes, die sich 1806 in Winkel an den Ufern des Rheins das Leben nahm.
Der nächste Tag begann mit einer Seilbahnfahrt in luftigen Höhen über die Reben von Rüdesheim zum 1883 eingeweihten Niederwalddenkmal, das hoch über dem Rhein thront. Das Denkmal gab uns Anlass, einerseits über kunsthistorische Fragen in Bezug auf die Gestaltung und deren Allegorik/Symbolik, andererseits über den damit verbundenen Nationalismus zu diskutieren. Mit Blick Richtung Rhein hörten wir einen geschichtswissenschaftlichen Impuls zur historischen Rolle des Flusses als deutsch-französischer Grenzfluss, auf die auch das Niederwalddenkmal verweist. Anschließend machte sich ein Großteil der Gruppe auf eine 20km lange Wanderung. Der Weg führte durch die Reste des ehemaligen Osteinschen Niederwalds, eines Gartendenkmals aus dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts, entlang an Trockenmauern auf Serpentinen durch Weinberge. Das Auf und Ab oberhalb des Rheins bei sonnigem Wetter eröffnete immer wieder neue Perspektiven auf die Landschaft und hielt die ein oder andere schöne Stelle für eine Pause bereit. Nach ungefähr sechs Stunden erreichten wir unser Ziel Lorch.
Der dritte Tag brachte einen Wetterwechsel mit sich, doch der Regen hielt uns nicht von einer kleinen Schifffahrt auf dem Rhein ab. Während Ort und Burgen an den Flussseiten an uns vorbeizogen, beschäftigten wir uns mit der preußischen Burgenromantik am Rhein, die vor allem durch Bauten wie zum Beispiel Burg Rheinstein und Schloss Stolzenfels berühmt geworden ist. Uns interessierte dabei das Verhältnis von idealisierter, romantischer Mittelaltervorstellung und denkmalpflegerischen Aspekten beim Aufbau sowie auch die Form der Ruine an sich, wie sie bereits im 18. Jahrhundert künstlich in der Landschaft platziert wurde, hier jedoch durch den über Jahrhunderte hinweg anhaltenden Verfall natürlich in der sie umgebenden Rheinlandschaft erschaffen wurde. In St. Goarshausen, unserem vorletzten Reiseziel, erklommen wir zusammen mit Prof. Dr. Frederike Middelhoff von der Universität Frankfurt die steilen Pfade auf den Felsen der Loreley, von dem wir eine beeindruckende Aussicht hatten. Die Statue der Loreley bot Anlass für Rezitationen der Gedichte von Clemens Brentano und Heinrich Heine mit anschließenden Gedanken zum literarischen Aufbau sowie zur Rezeption der beiden Werke. Komplettiert wurden dies mit kunsthistorischen Ausführungen zu William Turners Rheinreisen und dem Betrachten sowie Analysieren einzelner Bilder, die der Künstler in dieser Gegend verortet hat.
Zum Abschluss unserer Studienfahrt widmeten wir uns am Deutschen Eck in Koblenz noch einmal einigen Skizzen und Bildern Turners, die dieser von der Festung Ehrenbreitstein und der Landschaft rund um die Mündung der Mosel in den Rhein angefertigt hat.