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Donnerstag, 4. April 2024

Apophatische Rhetorik bei russischen Romantikern, ihren Nachfolgern und Gegnern

Workshop | Organisation: Prof. Dr. Andrea Meyer-Fraatz, Prof. Dr. Petr Bucharkin, Dr. Evgenii Matveev

Das Grundkonzept des Workshops zur Apophatik ist der christlichen Theologie entlehnt. In diesem Rahmen ist die apophatische (negative) Theologie eine Methode, die darin besteht, Gott zu erkennen, indem man versteht, was er nicht ist, das heißt durch Verneinungen, durch eine konsequente Auflistung dessen, was Gott nicht ist. Die apophatische Methode des Denkens und Beschreibens der Realität geht jedoch über die Theologie hinaus: Die Logik der Negationen ist in jedem kognitiven Prozess anwendbar, auch im Prozess künstlerischen Schaffens. Darüber hinaus ist die apophatische Methode nicht auf religiöse Themen in der Belletristik beschränkt.

Apophatische Rhetorik, also umfangreiche Verneinungsreihen bei der Beschreibung eines bestimmten Phänomens, kann bei Schriftstellern und Dichtern verschiedener Epochen gefunden und beschrieben werden. Für die Literatur der Romantik kommt der apophatischen Rhetorik jedoch eine besondere Bedeutung zu. Das Apophatische korreliert mit den Grundprinzipien der Romantik: mit romantischen Doppelwelten, der Verbindung mit religiösem Bewusstsein, der dialektischen Wahrnehmung des Universums, dem Wert von Metarationalität und Metaphysik, der Erkenntnis, dass es im Universum etwas Unklares, Unerkennbares, Unaussprechliches gibt. Vorläufige Beobachtungen zur apophatischen Rhetorik in der russischen Romantik zeigen, dass Negationen in der Struktur literarischer Werke unterschiedlicher Gattungen auftauchen und darin unterschiedliche Funktionen erfüllen.
Dies sind die Probleme, die während des Workshops besprochen werden. Gegenstand der Betrachtung sind sowohl allgemeine theoretische Fragen im Zusammenhang mit der apophatischen Rhetorik als auch Werke der Romantik – die Lyrik von Vasilij Žukovskij, Konstantin Batjuškov, Evgenij Boratynskij, Michail Lermontov, fantastische Prosa der Romantik, Vladimir Odoevskijs Roman „Russische Nächte“ und andere. Die apophatische Rhetorik der russischen Romantik soll im Kontext der gesamten Literaturgeschichte analysiert werden – sowohl im Rückblick (apophatische Rhetorik in früheren Epochen, insbesondere in der Vorromantik) als auch in der Zukunft – Apophatik in der Literatur Mitte und Ende des 19. und 20. Jahrhunderts – sowohl in Werken von Autoren, die sich an romantischen Traditionen orientieren, als auch von Gegnern der Romantik.

Die Hauptziele des Workshops sind:

  • Klärung des Konzepts der apophatischen Rhetorik in Bezug auf fiktionale Literatur;
  • Klärung der Besonderheiten der apophatischen Rhetorik in der Epoche der Romantik im Verhältnis zu früheren und nachfolgenden Epochen der Literaturgeschichte.

Programm

Donnerstag, 4. April 2024 | Veranstaltungsort: Seminarraum 102, Bachstraße 18k, 07743 Jena

15.00 Uhr Prof. Dr. Petr Bucharkin (Berlin): Einführung

15.15 Uhr Prof. Dr. Anna Warda (Lodz): „Apophatische Rhetorik in der Poesie an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert“ [Апофатическая риторика в поэзии рубежа XVIII – XIX веков]

16.15 Uhr Dr. Evgenii Matveev (Jena): „Apophatische Rhetorik in der Lyrik der russischen Romantik“ [Апофатическая риторика в лирике русского романтизма]

17.15 - 18.00 Uhr Kaffeepause

 

18.00 Uhr Dr. Michail Vajskopf (Jerusalem): Öffentlicher Abendvortrag “Plot and semantic lacunae in the prose of Isaac Babel” [Сюжетные и смысловые лакуны в прозе Исаака Бабеля]

                  Veranstaltungsort: Auditorium im Haus "Zur Rosen", Johannisstraße 13

 

Freitag, 5. April 2024 | Veranstaltungsort: Seminarraum 102, Bachstraße 18k, 07743 Jena

09.30 Uhr Prof. Dr. Petr Bucharkin (Berlin): „Apophatische Rhetorik und romantische philosophische Prosa“ [Апофатическая риторика и романтическая философская проза]

10.30 Uhr Dr. Dr. Olga Sazontchik (Jena): „Einige Beobachtungen zur apophatischen Rhetorik in der russischen phantastischen Prosa der Romantik“ [Некоторые наблюдения об апофатической риторике в русской романтической прозе]

11.30 - 12.00 Uhr Kaffeepause

12.00 Uhr Prof. Dr. Elena Tolstaja (Jerusalem): „Negative Konstruktionen in der Rhetorik von Lev Tolstoj“ [Негативные конструкции в риторике Льва Толстого]

13.00 Uhr Prof. Dr. Andrea Meyer-Fraatz (Jena): „Apophatische Poetik bei Vladimir Nabokov“ [Апофатическая поэтика у Владимира Набокова]

14.00 - 15.30 Uhr Mittagspause

15.30 Uhr Prof. Dr. Boris Lanin (Poznań): „Apophatik und Dystopie“ [Апофатика и дистопия]

16.30 Uhr Prof. Dr. Maria Rubins (London): „Apophatische Mittel in der russisch-israelischen Literatur über den Holocaust“ [Апофатические приемы в русско-израильской литературе о Холокосте]

17.30 - 18.00 Uhr Abschlussdiskussion

18.30 Uhr Gemeinsames Abendessen

Hinweis: Der Workshop findet in russischer Sprache statt, mit Ausnahme des Abendvortrags von Dr. Michail Vajskopf am Donnerstag, der auf Englisch gehalten wird.