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Alltag anders bei Patricia Kleßen
Triggerwarnung an alle, deren Händehygiene in letzter Zeit zwanghaft geworden ist:
Ich mache gerade viel mit Matsch!
Ich bin viel draußen. Ich wechsle am Tag mehrmals die Rollen. Zwischen 7 und 20 Uhr bin ich abwechselnd Kindergartenkind, Pinguin, Robbe, Braunbär, Puppe, großer Panda, kleiner Panda und Marienkäfer. Wir fädeln, wir kneten, wir schmökern und spielen Memory. Jeden zweiten Tag überlasse ich die Spiele und Maskeraden meinem Mann und gehe ins Büro. Das klingt heiter und wir haben uns eingerichtet in der momentanen Lage, aber eben auch in einer Leistungsgesellschaft, in der es irgendwann zum Problem wird, wenn man nur die halbe Leistung liefern kann. An vielen Stellen wurde bereits darauf aufmerksam gemacht, dass sich Familien zurzeit in 50er Jahre Modellen organisieren (müssen), um zumindest ein Einkommen sicherstellen zu können. Im Schnitt ist das des Mannes das höhere, weshalb selbst Paare, die im Hinblick auf Geschlechterstereotype besonders aufgeklärt sind, an der lebenspraktischen Umsetzung ihrer Ideale unter den aktuellen Bedingungen zu scheitern drohen.
Grundsätzlich hat sich mein Blick auf die Dinge in den letzten Wochen wenig verändert. Ich möchte vielleicht etwas häufiger dieses Wort mit ‚s c h‘ ausrufen, wenn ich die Nachrichten lese (kleiner Tipp, es ist nicht ‚Matsch‘). Was mir vorher allerdings wirklich nicht bewusst war, ist, wie wichtig es schon für die Kleinsten ist, unter Gleichaltrigen zu sein und wie einsam sie sein können, selbst wenn sich die Eltern die größte Mühe geben, im kindlichen Spiel mitzuhalten.
Ich wünsche mir, naheliegenderweise, dass die Unterscheidung in systemrelevante und -irrelevante Berufe bald keine Auswirkungen mehr auf die Teilhabe von Kindern haben muss. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass die Systemrelevanz der Verkäufer*innen, Pfleger*innen, Reinigungskräfte (, …) nicht so schnell in Vergessenheit gerät und in Zukunft größere Würdigung erfährt. Ich wünsche mir außerdem, dass Expert*innengremien diverser aufgestellt werden. Meines Erachtens hat die Krise noch einmal deutlich zutage treten lassen, dass viele gesellschaftliche Gruppen einfach keine Interessenvertretung in einflussreichen Positionen besitzen, wodurch ihre Probleme und Bedürfnisse in Entscheidungsprozessen oftmals unberücksichtigt bleiben.