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Alltag anders bei Caroline Will
Anfang des Jahres wollte ich einen Eremiten-Urlaub buchen. Eine Almhütte mit Aussicht. Eine einsame Bucht in Italien. Nur ich, die trockene Sommerhitze, die grillenbezirpte Ewigkeit des Nachmittags. Viel Nachdenken. Das, was man Zu-Ruhe-Kommen nennt, suchen. Das Komplizierte, was man Menschen nennt, beiseitestellen. Beziehungen sedimentieren lassen.
Dann wurde das Alleinsein über alle ausgeschüttet.
Ich bin allein. Wenn ich in Socken durch meine Wohnung streife, traue ich mich, Dinge nur halb zu machen, habe Zeit, Dinge ganz zu machen.
Ich bastle hippen Dalgona Coffee, bereite mir Nutella-Tassenkuchen, koche täglich (Selbstfürsorge!), esse. Aus einer Lust heraus, mich unters Volk zu mischen zu stürzen, poste ich meine Amuse-Gueules auf Instagram. Ich nähe Masken von Hand, mein ganzer Stolz, wische endlich die Böden und die Bücherregale, probiere eine Petersburger Wandhängung und freue mich und meine Freude gehört nur mir.
Ein Hallraum des Denkens bildet sich. Ich komme zu mir, bei mir an, all das, wofür nur die Selbstfindungsindustrie Ausdrücke zu haben scheint. Zum redlichen Forschen und zum Schreiben muss ich mir selbst zuhören. In der Einsamkeit spannt sich etwas auf.
Und ich denke auf dem Boden. Ich habe Platz auf meinem roten Teppich. Verteile meine Notizen. Ich bin in Socken. Staub flimmert in der Sonne. Es ist ruhig. In meiner Erinnerung fordert ein Gräzistik-Professor zur Überbrückung von Wartezeit auf Exkursion: „Beschäftigen Sie sich mit Ihrem reichen Innenleben.“